Was ist Plastik?
In diesem Unterkapitel wollen wir versuchen, die Titelfrage aus zwei verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Erstens, was ist Plastik im wörtlichen Sinne, woraus besteht Plastik, und zweitens, was bedeutet Plastik für die Menschheit damals und heute?
Plastik ist ein umgangssprachlicher Begriff für Kunststoffe, die auch als Polymere bezeichnet werden. Ihre Hauptbestandteile sind synthetische, natürliche oder modifizierte Polymere.
Das griechische Wort polymeres bedeutet mehrteilig. Polymere Kunststoffe setzen sich aus den so genannten Monomeren (meri/μέρη=Teilchen) zusammen – diese kleinen Moleküle derselben Verbindung reagieren mit sich selbst zu einer Verbindung mit höherem Molekulargewicht und anderen chemischen und physikalischen Eigenschaften als die der einzelnen Bestandteile, d. h. dem Polymer (Quelle).
Natürliche Polymere (Biopolymere) werden von lebenden Organismen hergestellt. Dazu gehören Zellulose, Gummi und Chitin, aus dem Gliederfüßer ihr Skelett bauen. Synthetische Polymere sind eine Erfindung des Menschen und die Hauptbestandteile nicht nur von Kunststoffen, sondern auch von Klebstoffen, Farben und Lacken. Synthetische Polymere wie Kunststoffe werden aus fossilen Brennstoffen wie Kohle, Gas und Öl gewonnen, die in der geologischen Vergangenheit aus den Überresten toter Organismen entstanden sind. Die dritte Gruppe sind modifizierte Polymere, d. h. künstlich veränderte natürliche Polymere. (OECD: 2022, Quelle).
Alarmierenden Prognosen zufolge wird es bis 2050 mehr Plastik als Fische in unseren Ozeanen geben (Quelle). Selbst wenn wir Maßnahmen ergreifen, wird erwartet, dass im Jahr 2040 710 Millionen Tonnen Plastikmüll anfallen werden (Quelle).
Betrachten wir nun in seiner Bedeutung und seinen Platz in der menschlichen Kultur: Plastik ist zum Synonym für Wegwerfen geworden. Als Symbol in der materiellen Kultur können wir die Plastiktüte/das Plastiksackerl als Stellvertreterin für unsere Sünden gegenüber der Natur betrachten (Quelle). Leider vergessen wir dabei, was für eine fantastische Erfindung es eigentlich ist: eine wasserdichte, wiederverwendbare, leichte Tasche, die mehr als das 1.000-fache ihres Eigengewichts tragen kann und trotzdem so klein zusammengefaltet werden kann, dass sie in eine Tasche passt (Freinkel, 2011, Quelle).
Der Erfinder war Sten Gustav Thulin, ein schwedischer Ingenieur, der seine Erfindung 1959 aus Gründen des Umweltschutzes konzipierte und patentieren ließ. Bis dahin verursachte die weit verbreitete Verwendung von Papiertüten die Abholzung der Wälder und Plastiktüten waren eine ideale Alternative – vorausgesetzt, sie werden viele Jahre lang wiederverwendet.
Nach Kuijpers (Quelle) gibt es zwei Möglichkeiten Dinge zu verstehen: durch technische oder kulturelle Analyse. Die technische Analyse, die von Wissenschaftler:innen Lebenszyklusanalyse (LCA) genannt wird, bestimmt, woraus und wie viel Dinge hergestellt werden, wie viel Energie und Emissionen für die Herstellung eines Produkts, seinen Transport, seine Verwendung, sein Recycling oder seine Zerstörung erforderlich sind. Die kulturelle Analyse hingegen untersucht, was wir mit Gegenständen tun und was sie für uns bedeuten. Objekte können auch eine kulturelle Biografie haben – ungeschriebene kulturelle Regeln, die bestimmen, wie wir mit bestimmten Objekten umgehen. Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum manche Gegenstände – z. B. ein Ehering oder ein Instrument eines berühmten Künstlers – eine enorme Bedeutung haben, während wir anderen fast keine Aufmerksamkeit schenken? Die kulturelle Biografie der Plastiktüte und fast aller einfachen Plastikverpackungen ist fadenscheinig. Sie hat keinen Wert – weder kommerziell noch biografisch.